Welches Licht fällt dadurch auf die Verbraucherzentrale?
MK Bei der Verbraucherzentrale liegt vor allem ein Mangel an Marktkenntnis vor. Die Argumentation basiert häufig auf theoretischen Annahmen statt auf echter Verbrauchererfahrung. Statt eigene Befragungen durchzuführen, wird spekuliert, wie ein Verbraucher denkt. Das führt zu Fehleinschätzungen. Eine offene Verbraucherbefragung wäre ein erster Schritt zu mehr Realitätssinn.
AK Die Verbraucherzentrale sagt, sie handele im Sinne der Verbraucher. Aber fragt sie diese auch? Aus meiner Sicht fehlt der Dialog mit der Lebensrealität. Es wird verurteilt, statt zu kommunizieren. Statt Differenzierung gibt es pauschal formulierte Anklagen.
Hinzu kommt: Beide Seiten – Versicherungsmakler wie ich und die Verbraucherzentrale – vertreten ihre Positionen mit großer Vehemenz. Das ist grundsätzlich legitim. Aber dazwischen sitzt ein Richter, der entscheiden muss. Erfahrungsgemäß steht der Begriff „Verbraucherschutz“ emotional höher im Kurs als der Begriff „Versicherungsmakler“. Das Problem dabei: Der Kern des Rechtsstreits gerät aus dem Fokus. Es entsteht ein emotionaler Kampf um pauschale Begrifflichkeiten auf sehr oberflächlicher Ebene. Die sachbezogene Analyse der Beratungspraxis beim Kunden mit den unabhängigen Beratungspflichten des Versicherungsmaklers verliert sich hierbei.
Herr Koch, was bedeutet das laufende Verfahren für Ihre tägliche Arbeit als Makler?
AK Vor allem eines: Es kostet Zeit, Energie und Geld. Ressourcen, die ich lieber in die Beratung meiner Kunden investieren würde. Stattdessen beschäftige ich mich mit juristischen Feinheiten und Webtexten. Das ist fachfremd, aufreibend und belastet.
Konkret habe ich die Website überarbeitet und an mehreren Stellen noch klarer und repräsentativer formuliert, wie unsere Vergütung funktioniert. Inhaltlich hat sich dadurch wenig geändert, aber die Darstellung ist jetzt noch deutlicher. Im Tagesgeschäft selbst spüren wir wenig Reaktion. Unsere Kunden kennen uns. Das hier diskutierte Thema war in den letzten 25 Jahren nie ein Problem in meiner Beratungspraxis. Jedem Kunden war und ist klar, dass wir von den Versicherern über Provisionen bezahlt werden. Wie sollte das auch anders sein, wenn wir kein Honorar von unseren Kunden nehmen?
Wie reagieren die Kunden?
AK Überwiegend mit Verständnis. Viele schütteln den Kopf, wenn sie hören, worum es geht. Manche haben sich das Verfahren sogar auf unserer Website angeschaut – wir dokumentieren den Ablauf dort in allen Details sehr transparent. Das schafft Vertrauen. Die Kunden sehen, dass wir für unsere Überzeugung einstehen und kämpfen, auch wenn wir dadurch keinen geschäftlichen Mehrertrag haben. Wir sind dadurch noch interessanter und glaubwürdiger für unsere Kunden und Geschäftspartner.
Es geht uns bei diesem Prozess auch um Haltung. Für mich wäre es ein Leichtes gewesen, das Wort „unabhängig“ einfach zu streichen. Ich halte das aber für falsch! Wir sind an keinen Versicherer gebunden, wir haben gesetzlich die Verpflichtung, für den Kunden versichererübergreifend den richtigen Schutz am Markt zu suchen, wir haften für unsere Versicherungsempfehlungen, wir sind Sachwalter des Kunden und stehen somit in seinem Lager. Wenn ich als Versicherungsmakler das alles und noch mehr erfüllen muss, warum soll ich mich dann nicht „unabhängig“ nennen dürfen?
Was treibt Sie an, diesen Weg trotz der Belastung konsequent weiterzugehen?
AK Es ist eine Frage des Berufsethos. Ich verstehe mich nicht als bloßer Produktvermittler. Ich vertrete die Interessen meiner Kunden – mit Sachverstand, Verantwortung und Überzeugung. Wenn ich den Begriff „unabhängig“ aus Opportunismus streichen würde, wäre das ein Kniefall vor einem Bild, das meinem Selbstverständnis widerspricht. Ich will mir selbst, meinen Kunden und auch meinen Kindern in die Augen schauen und mit Stolz sagen können: Ich bin unabhängiger Versicherungsmakler in den Diensten meiner Kunden.
Der Rechtsstreit über den Begriff „unabhängig“ berührt das grundlegende Berufsbild des Versicherungsmaklers. Welche Rolle sehen Sie hier für die Vermittlerverbände?
MK Eine zentrale Rolle. Es geht längst nicht mehr nur um einen einzelnen Makler und dessen Website. Der Begriff „unabhängig“ betrifft das gesamte Berufsverständnis. Wenn Gerichte beginnen, ihn grundsätzlich infrage zu stellen, dann ist das eine berufsständische Aufgabe. Die Verbände müssen dieses Thema offensiv aufnehmen und nicht nur am Rande oder gar nicht behandeln.
Seite 1 Werben mit Unabhängigkeit: Ein Berufsbild vor Gericht
Seite 2 Herr Jöhnke, Sie vertreten einen Versicherungsmakler, der am Landgericht Leipzig in einem ähnlich gelagerten Rechtsstreit gewonnen hat. Was lief dort anders?
Seite 3 Welches Licht fällt dadurch auf die Verbraucherzentrale?
Seite 4 Was heißt das konkret?
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