AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
25. Juni 2025
Werben mit Unabhängigkeit: Ein Berufsbild vor Gericht

2 / 4

Werben mit Unabhängigkeit: Ein Berufsbild vor Gericht

Werben mit Unabhängigkeit: Ein Berufsbild vor Gericht

Herr Jöhnke, Sie vertreten einen Versicherungsmakler, der am Landgericht Leipzig in einem ähnlich gelagerten Rechtsstreit gewonnen hat. Was lief dort anders?

Björn Jöhnke Der Richter in Leipzig (Urteil v. 04.12.2024 – Az. 05 O 1092/24; Anm. d. Redaktion) hat sich intensiv mit dem konkreten Sachverhalt befasst. Er hat für sich erkannt, dass ein Makler, der transparent über seine Vergütung aufklärt und grundsätzlich alle Versicherungen vermitteln kann, sehr wohl als „unabhängig“ im marktwirtschaftlichen Sinne auftreten darf. Die Kernfrage lautete dort: Geht der Verbraucher wirklich davon aus, dass ein Makler gar kein Geld von Versicherern erhält? Die Antwort war: nein.

Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz zwischen den Urteilen?

BJ Die Urteile sind ein Spiegel der jeweiligen richterlichen Haltung. Im Wettbewerbsrecht spielt die subjektive Einschätzung des Gerichts – also wie ein durchschnittlicher Verbraucher denkt – eine zentrale Rolle. Das Problem: Viele Richter beziehen diese Einschätzung aus dem eigenen Alltag und nicht aus empirischen Daten. Sie betrachten sich gewissermaßen selbst als Maßstab für die öffentliche Wahrnehmung. Mal heißt es: „Ich bin selbst Versicherungsnehmer, ich weiß, wie das läuft.“ Und dann fällt das Urteil eben entsprechend aus.

Das klingt ziemlich willkürlich.

MK Ja, genau das ist das Problem. Es gibt keine einheitliche Linie. Am Landgericht Köln wird anders entschieden als am Landgericht Leipzig oder andernorts. Dabei ist der zugrunde liegende Sachverhalt oft identisch. Die Interpretation des Begriffs „unabhängig“ schwankt, obwohl die Rechtslage aus unserer Sicht klar ist. Der Makler steht auf der Seite des Kunden, nicht der Versicherer.

AK Das ist wie ein Würfelspiel. Zwei Seiten stehen sich gegenüber – wir als Makler mit dem Anspruch auf kundenorientierte Beratung und die Verbraucherzentrale mit ihrem ideologisch beeinflussten, sehr vereinfachten Blick. Dazwischen sitzt ein Richter mit eingeschränktem Marktverständnis, aber der Überzeugung, mit seiner juristischen Vorbildung allein repräsentativ für die normale Kundenwahrnehmung zu sein.

Herr Koch, Ausgangspunkt des Rechtsstreits war eine Abmahnung der Verbraucherzentrale. Wie bewerten Sie deren Vorgehen?

AK Ehrlich gesagt: sehr enttäuschend. Ich habe auf die Abmahnung sofort schriftlich reagiert. Ich habe den kritisierten Webtext gemäß den Wünschen der Verbraucherzentrale überarbeitet und auf transparente Darstellung geachtet. In meinem Schreiben an die Verbraucherzentrale habe ich diese Änderungen kenntlich gemacht und um kooperativen Austausch gebeten. Trotzdem wurde ohne Rücksprache Klage eingereicht – auf Basis der alten Internetseite. Sämtliche Überarbeitungen und mein Kooperationsangebot wurden ignoriert. Das zeigt, dass es hier nicht um Verbraucherschutz geht. Es geht um einen ideologisierten Scheinkampf auf Kosten von uns Versicherungsmaklern und letztendlich auch der Verbraucher.

Herr Klein, hätten Sie sich ein anderes Verhalten der Verbraucherzentrale gewünscht?

MK Definitiv. Es gab keine Bereitschaft zum Dialog. Mein Mandant war offen für eine außergerichtliche Lösung, doch die Gegenseite hat das ignoriert. Statt gemeinsam eine rechtssichere Darstellung zu entwickeln, wurde der Streit eskaliert. Inzwischen geht es offenbar nicht mehr um Aufklärung, sondern um das Sammeln von Urteilen.

BJ Auch in unserem Verfahren hat die Verbraucherzentrale kein Interesse an einem Vergleich gezeigt. Es geht um ein Exempel. Der Eindruck entsteht, dass hier bewusst Druck aufgebaut wird, um eine marktweite Klärung herbeizuführen – koste es, was es wolle. Das widerspricht dem eigentlichen Anspruch der Institution: Verbraucher aufklären, nicht Prozesse führen.

Zumal die Verbraucherzentrale staatlich unterstützt wird …

AK Das ist der Grundkonflikt. Über Steuern wird die Verbraucherzentrale teilfinanziert – also auch von Maklern. Wir Makler zahlen damit indirekt für unsere eigene Abmahnung. Das ist schwer nachvollziehbar. Vor allem, wenn die gleiche Verbraucherzentrale auf ihrer Website Makler empfiehlt, wenn es um komplexe Risikothemen geht. Das ist widersprüchlich.

Seite 1 Werben mit Unabhängigkeit: Ein Berufsbild vor Gericht

Seite 2 Herr Jöhnke, Sie vertreten einen Versicherungsmakler, der am Landgericht Leipzig in einem ähnlich gelagerten Rechtsstreit gewonnen hat. Was lief dort anders?

Seite 3 Welches Licht fällt dadurch auf die Verbraucherzentrale?

Seite 4 Was heißt das konkret?