Nachgefragt bei ...
Prof. Dr. Andreas Otterbach, Professor für Betriebswirtschaft und Leadership an der Hochschule der Medien in Stuttgart, und Holger Dahl, Hauptabteilungsleiter für das Strategische Marketing bei Konzern Versicherungskammer
Wie wird eine Führungskraft zur Führungskraft? Ist es angeborenes Talent, praktische Übung oder ein bisschen von beidem?
Prof. Dr. Andreas Otterbach Sowohl angeborenes Talent als auch praktische Übung spielen eine Rolle. Natürliche Führungsqualitäten und die Fähigkeit, diese durch Erfahrung und gezielte Entwicklung zu verfeinern, sind wichtig. Selbstwertschätzung und Selbstreflexion sind entscheidend für eine authentische und glaubwürdige Führung.
Was bedeutet denn „wertschätzende Führung“ genau? Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Holger Dahl Wertschätzende Führung erkennt die individuellen Bedürfnisse, Talente und Potenziale der Mitarbeitenden an. Sie zeigt sich in gezieltem Lob, wie etwa für eingebrachte Ideen und Verbesserungen, in echtem Interesse und aktivem Zuhören bei Rundgängen sowie in der Förderung individueller Entwicklungen und der Einbeziehung in Entscheidungen.
Kritisch nachgefragt: Kann man es mit der wertschätzenden Führung auch übertreiben? Falls ja, welche Folgen hätte das dann?
HD Ja, übertriebene Wertschätzung kann unglaubwürdig wirken und echte Leistung oder Fehler überdecken. Dann wird echte Leistung nicht mehr erkannt und Kritik bleibt aus, was die Innovationskraft und Verbesserungspotenziale hemmt.
Wo stehen im Ranking der Mitarbeitenden zur Motivation denn Gehalt, Führung und weitere Faktoren?
AO Gehalt sichert Grundzufriedenheit, während gute Führung Motivation und Bindung stärkt. Die Umsetzung der Führung inspiriert und verstärkt die Unternehmensbindung. Faktoren wie flexible Arbeitszeiten, Anerkennung und Entwicklungsmöglichkeiten sind individuell bedeutsam. Jüngere Generationen schätzen besonders Flexibilität und ortsunabhängiges Arbeiten sowie ein Umfeld, das berufliche Ziele und persönliches Wachstum fördert.
Sie beschreiben einen Teufelskreis von immer mehr Arbeit, die auf wenige verteilt werden muss, was am Ende zu mehr Kündigungen führen kann. Wie kommen Unternehmen aus diesem Teufelskreis heraus?
AO Unternehmen unterbrechen mit wertschätzender Führung diesen Teufelskreis. Transparente Kommunikation, Unterstützung bei hoher Arbeitsbelastung, Anerkennung und ausgewogene Arbeitsverteilung sind entscheidend, ebenso wie Weiterentwicklungsmöglichkeiten.
Und wie können Versicherer Mitarbeitende aktiv in Entscheidungen einbeziehen, wie Sie vorschlagen? Bedeutet das, z. B. demokratisch zu entscheiden? Und bis zu welchem „Level“ von Entscheidungen kann dies durchgeführt werden?
HD Versicherer sollten offenen Dialog und Feedback fördern, um Mitarbeitende in Entscheidungen einzubeziehen. Während das Management größere strategische Entscheidungen trifft, können Mitarbeitende bei operativen Fragen mitwirken. Transparente Kommunikation stärkt Zugehörigkeit und Wertschätzung, ohne jede Entscheidung demokratisch zu gestalten.
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